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Sonntag, 18. Mai 2014

Große Missionsbischöfe: „Möchtest du nicht als Missionär mit mir nach Ceylon gehen?“ - Erzbischof André Theopile Melizan O.M.I., Erzbischof von Colombo (Sri Lanka), Päpstlicher Thronassistent und römischer Graf


Eine empfindliche Lücke in die Reihen des vorderindischen Episkopats riss der Tod des hochw. Erzbischofs von Colombo, Msgr. André Theophile Melizan O.M.I. 

Marseille, die Wiege der Genossenschaft, welcher er angehörte, war auch sein Geburtsort. In den Adern des am 29. September 1844 geborenen Theophile floss das rasche Blut des Provenzalen, und es bedurfte der starken Hand eines strengen Vaters, um den jungen Studiosus bei seinen Büchern und Studien zu halten. Ein eigentümliches Zusammentreffen hatte dessen Beruf bestimmt.

1856 empfing Melizan aus der Hand des damaligen Apostol. Vikars von Jaffna (Ceylon), Msgr. Semeria, die erste heilige Kommunion. Dem ehrwürdigen Prälaten fiel das intelligente Gesicht des lebhaften Knaben auf, und er fragte ihn lächelnd: „Möchtest du nicht als Missionär mit mir nach Ceylon gehen?“  O ja, Monseigneur, sehr gerne“, lautete die prompte Antwort. 

Fortab träumte der Knabe nur noch von der Perleninsel Ceylon. Sein Beruf war entschieden. Mit 18 Jahren trat er 1862 in die Kongregation der Oblaten. Sein unruhiges stürmisches Temperament blieb ihm auch im Ordenskleid. „Das ist die Lawine Melizan“, hieß es, wenn er in jugendlichem Ungestüm durch Gänge und über Treppen sauste.

Am 19. September 1868 stand der neugeweihte Priester an Bord des Schiffes, das ihn nach dem Land seiner Träume bringen sollte, und sandte wie so viele Tausende französische Missionäre seinen Abschiedsgruß zum Heiligtum von Notre-Dame de la Garde hinauf. Ihm gilt der erste und letzte Blick der von Marseille abgehenden und dort landenden Apostel Frankreichs. 

In Jaffna wurde die Ankunft der neuen Verstärkung durch ein kleines Festmahl gefeiert. Statt der Speisekarte hatte ein alter launiger Missionär jedem der Ankömmlinge einen Spruch aus der Heiligen Schrift auf den Teller gelegt. Melizan, der mit seinem Flaumbärtchen noch sehr jugendlich aussah, las auf seinem Zettel die Worte: „Quis, putas, puer iste erit?“ (Was wird wohl aus diesem Knaben werden? Lk 1,66).

Das sollte sich bald zeigen. In wenigen Jahren zählte Melizan zu den tüchtigsten Missionären Jaffnas, der mit dem angeborenen Ungestüm und Feuer alles anpackte, für die schwierigsten Posten sich anbot und in allen Sätteln sich rasch zurechtfand. Als Sekretär des Bischofs, legte er Grund zu der prächtigen Druckerei in Jaffna, die der Mission in der Folge so ausgezeichnete Dienste leistete, als Pfarrer von St. Anna in Calpentyn brachte er diesen bei den einheimischen Christen so gern besuchten Wallfahrtsort hoch. Hier traf den 35-jährigen 1879 die Ernennung zum Weihbischof wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sofort wollte er nach Rom schreiben, um das Unglück von sich abzuwenden. Aber ein schlimmes Geschwür an der Hand hinderte ihn, es selbst zu tun, und trotz alles Bittens und Flehens gab sich kein Mitbruder dazu her. Er musste sich fügen. (…)

Die Pfarrkirche in Marseille, wo sein Taufstein stand, sah 1880 auch seine Bischofsweihe. Das erste, was der Neugeweihte tat, war, dass er, durch ein Seitenportal hinaustretend, der kranken Mutter, die von einem Fenster des nahen Hauses aus, weinend der Feier gefolgt, den ersten bischöflichen Segen spendete.

Fassen wir das 25-jährige bischöfliche Wirken Melizans kurz zusammen. Neben dem großen Bischof Bonjean, dem Melizan zunächst als Apostol. Vikar von Jaffna (seit 1886) und dann als Erzbischof von Colombo (1893) folgte, hat wohl keiner um die Entwicklung der Mission auf Ceylon sich größere Verdienste erworben. 
Beide Diözesen (Jaffna und Colombo) gehören heute zu den bestorganisierten der Kirche Vorderindiens. Die großen Erziehungsanstalten: das St. Patrick-Kolleg und das Seminar St. Martin in Jaffna und das blühende St. Joseph-Kolleg in Colombo, sind bleibend mit dem Namen Melizans verknüpft.

„Gestatten Sie mir“, so sprach bei Gelegenheit des 25-jährigen Bischofsjubiläums (Januar 1905) der Apostol. Delegt Msgr. Zaleski vor den in Colombo versammelten Bischöfen und Priestern, „Ihnen zu sagen, wie sehr unser Heiliger Vater, der Papst (Pius X.), die Tatkraft, den Eifer, den Opfergeist und die Weisheit zu schätzen weiß, die während eines Vierteljahrhunderts Ihr fruchtbares Apostolat in den beiden Diözesen auszeichneten, die Gott Ihnen anvertraute. In beiden sind Sie Ihrer großen Herde ein liebevoller Vater und das Muster eines guten Hirten gewesen. Gewiss, Ihr erlauchter Vorgänger in Colombo hat die soliden Fundamente gelegt, aber Ew. Gnaden haben die Mauern ausgeführt und das Gewölbe gesetzt. Sie haben Colombo zu einer der schönsten Diözesen meiner Delegatur gemacht.“ 
Darauf übergab der Delegat dem Jubilar das Apostol. Schreiben, das ihn zum Römischen Grafen und päpstlichen Thronassistenten ernannte, die höchste Auszeichnung, die der Papst einem Bischof gewähren kann.

Das Jubiläum gestaltete sich zu einer großartigen Kundgebung der Verehrung und Liebe, deren Melizan sich selbst über den Kreis seiner Herde hinaus in so hohem Grade erfreute. 
Niemand ahnte damals, dass der herrliche Festschmuck der hl. Lucia-Kathedrale von Colombo bereits nach einem halben Jahr sich in das Trauergewand der Witwe wandeln sollte. 

Allein seit Jahren schon litt der Erzbischof an den Folgen eines Sonnenstichs, den er sich einst zugezogen. Im Mai reiste er nach Frankreich, um Heilung zu suchen. Dort rief ihn Gott am 27. Juni aus der irdischen zur ewigen Heimat. Seine leiblichen Überreste wurden nach Ceylon überführt und fanden in der Kathedrale von Colombo ihre Ruhestätte. Mit Rücksicht auf den hohen Verstorbenen hatte der Statthalter diese ungewöhnliche Vergünstigung erwirkt.


(Aus: die katholischen Missionen, 1906)