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Sonntag, 8. November 2015

Die Mission in Island (Teil 1)

Marienstatue in der Kathedrale von Reykjavik (Quelle)

Seit mehreren Jahren ruht die Mission von Island in den Händen der Maristen [Montfortaner]. Sie üben dort zugleich die Seelsorge unter den zahlreichen französischen Fischern aus, die während der Sommermonate aus der Normandie und der Bretagne diese nördlichen Gewässer besuchen.

Von allen Völkern, so meint der Missionsobere P. Meulenberg, welche die Reformation vom Herzen der Kirche gerissen hat, verdient keines so sehr die Teilnahme der Katholiken wie die Isländer. Das Land hat eine glorreiche katholische Vergangenheit, die erst unter König Christian III. von Dänemark (1536–1559) ein Ende fand. Um das Volk zu täuschen, blieb auch hier die äußere Gottesdienstordnung noch bestehen. Ja noch anderthalb Jahrhunderte lang klang in den Kirchen des Landes der römisch-lateinische Choral, und die Christmesse wurde bis ins 18. Jahrhundert hinein nach dem alten katholischen Ritus gefeiert. Noten und Text waren die ursprünglichen, und neu war nur, dass die sog. Konsekration jetzt auf das Pater Noster folgte.

Bis in die neuere Zeit trug der lutherische Bischof bei feierlichen Gelegenheiten den Chormantel, den einst Papst Paul III. dem letzten katholischen Bischof von Holar, Jón Arason, geschenkt hatte. Derselbe war als Märtyrer des Glaubens gestorben und schloss die lange Reihe isländischer katholischer Bischöfe würdig ab. Heute findet sich der Mantel mit zahlreichen anderen Denkmälern der katholischen Zeit, Statuen, Kruzifixen und Kirchengefäßen im Museum von Reykjavik.

Zur Zeit, da der französische Priester Abbé Boudoin von Reims nach Island kam (1850), gingen bereits die letzten katholischen Überlieferungen ihrem Ende zu. Am längsten hatte sich die Andacht zu Maria, der reinen Gottesmutter, erhalten – war doch Island einst so recht das Land Mariens gewesen. „Die Verehrung U. L. Frau“, so gesteht der berühmte isländische Schriftsteller Dr. Jon Thorkelson, „ließ diejenige zu den übrigen Heiligen weit hinter sich zurück, waren doch nicht weniger als 150 Kirchen Islands Maria geweiht“. Derselbe Gelehrte – sein Sohn trat 1905 zur katholischen Kirche über – hat sorgfältig die isländischen Marienlieder aus vorreformatorischer Zeit gesammelt. Sie würden gedruckt einen mächtigen Band ausmachen, und es ist zu hoffen, dass die Mittel zur Veröffentlichung sich finden werden.

Zur Zeit des Abbé Boudoin sang man noch in vielen Familien Lieder zum Lob und Preis der heiligen Gottesmutter. Text und Weise wurden von der Mutter auf die Kinder vererbt. Heute scheint auch dieser letzte Rest katholischer Erinnerungen geschwunden zu sein. Das Bild der alten Kirche ist nicht nur verblichen, es ist durch den Schmutz und Staub jahrhunderterlanger Verdächtigung und Missdeutung zu einem widerwärtigen Zerrbild geworden. Man möchte oft lachen, wenn man gewahr wird, welch wunderliche Vorstellungen sich die guten Leute über Rom, die römische Kirche, ihre Priester usw. machen. Und doch steht einem das Weinen näher.


(Aus: die katholischen Missionen, 1908)

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